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- Über weibliche Voyageure -


Artikel VI.
Über weibliche Voyageure

von A. Gottfred.

In welchem der Autor behauptet, daß Frauen in Pelzhandelskanus nicht ungewöhnlich waren.

 

Eine große Anzahl von Indianer- und Mischlingsfrauen, besonders Ehefrauen aus dem Lande waren im Pelzhandel tätig vor 1821. Ihre Rollen in den Pelzposten waren weitreichend: sie bereiteten Pelze vor, nähten Mokassins, flochten Schneeschuhe, machten Pemmikan, fischten, gärtnerten, dolmetschten und vieles mehr. Aber begleiteten sie die Männer in den Pelzbrigaden jemals auf ihren jährlichen Reisen zur Hudsons Bay oder Lake Superior und zurück? Und, wenn sie es taten, war es als Passagier, Paddler oder etwas anderes?

Es gibt wenige Aufzeichnungen über Frauen, die in Kanus und York Booten der Hudsons Bay Company reisen. Dies ist wahrscheinlich, weil die Hudsons Bay Company etwa um 1790 die Frauen von HBC Männern daran hinderte, von den Inlandsposten zur Bucht zu kommen und ihren Männern dabei helfen die Kanus zu paddeln York Factorys Chieffactor Joseph Colen sagte, daß viele der Männer die HBC früher verließen, als sie es wünschten, wegen dieser neuen Regel (Van Kirk, 63-64). Selbst wenn die Frauen fortfuhren, die Kanus zu paddeln, ist es unwahrscheinlich, daß HBC Händler sie in ihren Tagebüchern erwähnen würden, die in erster Linie für den Nutzen des Londoner Komitees der HBC gehalten wurden. Es gibt einige frühere Hinweise zu Frauen und HBC Männer, die in Kanus zusammen reisen. Im Jahr 1779 stieß John Thomas von der HBC auf drei kleine Kanus. Jedes Kanu wurde von einem HBC Mann und einer einheimischen Frau gepaddelt. Die einheimische Frau war der Steuermann (Van Kirk, 61). Auch 1779 bemerkte Philip Turnor von der HBC nebenbei, daß 'jene [indianischen] Frauen auf den Reisen genauso zu gebrauchen sind wie Männer' (Tyrrell, 275). Dies legt nahe, daß sie mehr als nur Passagiere waren; sie erledigten höchstwahrscheinlich leichtere Pflichten, solche wie zu paddeln, das Lager zu errichten und zu kochen. Ob sie bei Portagen oder beim Treideln der Kanus mit der Leine vom Ufer aus halfen, ist etwas fraglicher. David Thompson erinnerte sich in seinen Memoiren daran, daß es in York ' immer ein Kanu mit drei zuverlässigen Männern und einer einheimischen Frau gab, die auf die Ankunft des jährlichen Schiffes aus England warteten, um die Briefe und Anweisungen [vom Londoner Komitee] der Company zu den inlandischen Handelshäusern zu transportieren' (Thompson, Narrative, 108). Dies war eine sehr verantwortliche Aufgabe, da sie Orders aus London transportierten, wie der Handel für die nächsten zwölf Monate zu betreiben sei. Ein anderes Beispiel dafür, daß Frauen HBC-Kanus bemannen, kommt von einer Reise 1796 von York zu Fairford Haus (an der Kreuzung des Reindeer und Churchill Rivers). Malchom Ross' Brigade für diese Reise bestand aus 'vier großen Kanus...bemannt von vierzehn anderen weißen Männern und zwei indianischen Frauen' (Thompson, Narrative, xxxii).

Im Gegensatz zu den HBC Aufzeichnungen gibt es viele Aufzeichnungen über Kanus der NWC und anderer Montreal beheimateter 'Straßenhändler', die Frauen transportieren. Alexander Henry der Ältere schrieb 1775, daß 'einige meiner Männer ... die Frauen in die Kanus einschifften' (Henry der Ältere, 248).

In den 1770ern ließen die 'Straßenhändler' Thomas Frobisher und Henry der Ältere eine einheimische Frau ihre Kanus auf den Reisen führen (Henry der Ältere, 326-327). Im Jahr 1786 bezahlten zwei NWC Voyageure das Unternehmen, um ihre Frauen mit in die Kanus nehmen zu dürfen (Duckworth, xxvii, 37, 101). Diese Frauen waren wahrscheinlich Passagiere, keine Führer, und die Männer mußten bezahlen, um das Unternehmen für den wegfallenden Platz im Kanu zu entschädigen, der sonst hätte benutzt werden können, um Pelze zu transportieren.

Manchmal kamen Frauen zum Forschen. Im Jahr 1789 nahm Alexander Mackenzie die Ehefrauen zweier Voyageure mit sich auf seine Reise an das Nordpolarmeer. Da dies eine Forschungsreise sein sollte, waren die Frauen wahrscheinlich keine Passagiere. Während der Reise sammelten sie Beeren und machten Mokassins und paddelten höchstwahrscheinlich auch. Sie saßen indes im Kanu, wenn es getreidelt wurde (Mackenzie, 220, 227, 228). Eine andere Erkundungsreise wurde von Thompson im Jahr 1798 unternommen, nachdem er sich der NWC angeschlossen hatte. Er fuhr auf dieser Reise, die Quelle des Mississippis zu finden, in einem Kanu ab mit 'drei Kanadiern und eine einheimische Frau, die Frau von einem der Männer' (Thompson, Narrative, 108). In der Tat scheint es, daß jedes Mal, wenn wir die Identität einer Frau in einem Kanu kennen, sie mit jemand anderem verheiratet ist, der mit ihr reist. Henry der Jüngere gibt eine detaillierte Liste von jedem in seiner Red River Brigade von 1800. Sie enthält vier Frauen - Clerk Michel (Coloret) Langlois' Ehefrau und Tochter, Bugmann André Lagassérs Ehefrau und einer nicht namentlich erwähnten Frau (Henry, 49-52).

Frauen scheinen nicht viel von der schweren Arbeit des Paddelns zu tun, wie das Portagieren und das Treideln der Kanus. Wie oben erwähnt, ließen Mackenzie die Frauen in den Kanus sitzen und Mokassins nähen, während die Männer die Kanus vom Ufer aus treidelten. Wie Mackenzie ließ Henry der Jüngere die Frauen die Kanus nicht treideln. Im Sommer 1808, während seine Kanus flußaufwärts gezogen wurden, blieben die Frauen, die mit ihm reisten, an Land und sammelten Beeren (Henry, 485).

Henry der Jüngere liefert mehrere Jahre später einen anderen aufreizenden flüchtigen Blick auf Kanufrauen. 1809 ging Henry von Fort Vermilion zu Fort William und zurück 'mit einer Brigade von 11 Kanus...[jedes] bemannt mit fünf Männern und einer Frau' (Henry, 539). A. S. Morton nahm an, geschrieben 1929, daß die Frauen mitkamen, um 'das Kochen zu erledigen', (McGillivray, lvii). Morton erklärt nicht, warum er denkt, daß die Frauen da waren, um zu kochen, wo es ziemlich unwirtschaftlich gewesen wäre, Platz im Kanu aufzugeben, der verwendet werden hätte können, um zusätzliche Pelze und Handelswaren zu transportieren, als eine Frau mitzuschicken, so daß die Voyageure nicht selbst kochen müßten. Andererseits bilden sechs Leute eine ungewöhnlich große Mannschaft. Ein Nordkanu war normalerweise mit vier Voyageuren bemannt. Henry selbst gibt keine Hinweise über die Rolle der Frauen auf dieser Reise.

Gabriel Franchère schrieb, daß etwa um 1814 die Ehefrauen und Familien von NWC Händlern am Saskatchewan Fluß oberhalb Cumberland Lake den Sommer am Cumberland House Posten der NWC verbrachten, weil sie sich dort durch Fischen selbst versorgen konnten (Franchère, 254). Die Frauen, die in den NWC Kanus zwischen Cumberland Haus und Fort George mit Duncan McGillivray im August 1796 reisten, könnten den Sommer in Cumberland Haus verbracht haben; leider erwähnt McGillivray diese Frauen nur einmal und macht es sehr schwer, zu bestimmen, wie weit sie mit den Männern reisten (McGillivray, 26).

Wohin führt uns all dies? Die erste und sicherste Schlußfolgerung, die gezogen werden kann, ist, daß Frauen oft in Kanus der NWC, und auch der HBC, vor den 1790ern, gesehen wurden. Was war die Rolle der Frauen in den Kanus? Manchmal dienten sie als Führer, wie im Falle von Henry dem Älteren und Thomas Frobisher. Manchmal waren sie Paddler, wie in der HBC vor den 1790ern. Manchmal waren sie nur Passagiere, wie die NWC Ehefrauen, die ihre Männer ihre Überfahrt im Jahr 1786 bezahlen lassen mußten. Am häufigsten ist ihre Rolle undefiniert. Sie sind zu sehen beim Beeren pflücken bei einigen Gelegenheiten und einmal sehen wir sie Mokassins machen, aber wir wissen nicht, was sie sonst (falls irgend etwas) während der Reise taten. Wie ungewöhnlich war es für Frauen, in den Kanus zu sein? Obwohl es nie viele Frauen in irgendeinem Kanu oder irgendeiner Brigade gab (Henrys Verhältnis von vier Männern zu einer Frau ist das Höchste), scheint es eine häufige und ganz unbemerkenswerte Praxis gewesen zu sein, eine Frau in einem Kanu mitzunehmen.

 

Einige Spekulationen

Erlaube mir, etwas über die anderen Aufgaben zu vermuten, die die Frauen in den Kanus hätten durchführen können. Es ist nicht zu weit hergeholt, sich vorzustellen, daß sie fortsetzen würden, auszuführen, welche Aufgaben auch immer sie auf den Pelzposten durchführten. Also können wir uns leicht vorstellen, daß diese Frauen neue Mokassins machten, so wie die alten der Männer verschlissen waren, fischten, um die tägliche Pemmikanernährung zu ergänzen, dolmetschten, Zelte aufstellten und eben kochten. Paddelten die Frauen? Vielleicht ist es leichter, diese Frage zu beantworten, wenn sie etwas anders gestellt wird: welche Gründe könnten die Männer haben, daß sie den Frauen nicht erlauben zu paddeln? Europäische Männer dieser Zeit hatten eine gut dokumentierte Abneigung dagegen, Frauen schwere Arbeit machen zu lassen. Würden sie das Paddeln als schwere Arbeit betrachten? Heute bewerten wir, wie anstrengend Aktivitäten sind, wie viele Kalorien verbrannt werden bei der Ausübung. Ein Kanu mit einer Geschwindigkeit von vier Meilen pro Stunde zu paddeln, verbrennt 420 Kalorien pro Stunde. Zum Vergleich verbrennt das Nähen mit der Hand 170 Kalorien pro Stunde, flottes Wandern verbrennt 300 Kalorien pro Stunde und Berge zu besteigen mit einem vierundvierzig Pfund Rucksack verbrennt 750 Kalorien pro Stunde. So ist unklar, ob paddeln als zu anstrengend betrachtet worden wäre. Vielleicht ein kleines bißchen zu paddeln, gerade zum Spaß oder um den Männern auf den schwierigen Abschnitten zu helfen, wäre erlaubt. Schließlich wären die Frauen nicht die einzigen beim Paddeln. Portagieren und treideln würden jedoch bestimmt als zu anstrengend für die Frauen betrachtet. Würden die Frauen als geschickt genug betrachtet, um das Kanu zu paddeln? Einige einheimische Frauen wuchsen mit dem Paddeln von Kanus auf; sie wären sicher keine Behinderung. Andere Frauen könnten nicht so geschickt gewesen sein. Also bleibt die Frage des Paddelns offen.

 

Schluß

Weibliche Geschichtsdarsteller sollten all das obige als einen guten Grund sehen, ihre Unterröcke hochzuziehen und bei der nächsten Gelegenheit in ein Kanu steigen. Und wenn du die Frau eines Baymannes vor den 1790ern darstellst, frische deinen J-Schlag auf!

 

Bibliographie


Duckworth, Harry W. (ed.) The English River Book : A North West Company Journal and Account Book of 1786. McGill-Queen's University Press : Montreal, 1990. ISBN 0-7735-0714-0

Franchère, Gabriel. A Voyage to the Northwest Coast of America. Milo Milton Quaife (ed). Lakeside Classics : Chicago, 1954.

Henry, Alexander (the Elder) Travels and Adventures in Canada and the Indian Territories Between the Years 1760 and 1776. James Bain (ed.) Hurtig : Edmonton, 1969.

Mackenzie, Alexander. The Journals and Letters of Sir Alexander Mackenzie. W. Kaye Lamb (ed.) Cambridge University Press : London, 1970.

McGillivray, Duncan. The Journal of Duncan M'Gillivray of the North West Company at Fort George on the Saskatchewan, 1794-5. Arthur. S. Morton (ed.) . Reprinted by Ye Galleon Press : Fairfield, Washington, 1989. Originally published by Macmillan: Toronto, 1929. ISBN 0-87770-470-8.

Thompson, David. David Thompson's Narrative, 1784-1812. Glover, Richard (ed.) Champlain Society : Toronto, 1962.

Tyrrell, J. B. (ed.) Journals of Samuel Hearne and Philip Turnor. Reprint : Greenwood Press : New York, 1968. Originally published 1934.

Van Kirk, Sylvia. Many Tender Ties : Women in Fur-Trade Society, 1670-1870. Watson & Dwyer : Winnipeg, 1980.


Übersetzung von J. Mühlrath
 
Copyright Northwest Journal ISSN 1206-4203
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