Die North West Company war nie eine Gesellschaft im modernen
Sinn des Wortes. Sie besaß keinen Handelsbrief. Eher
bestand sie aus gelegentlichen Zusammenschlüssen verschiedener
kleiner Gruppen wie Organisatoren, Kaufleuten, Pelzhändler
und Forschern, die oft auch alles gleichzeitig oder abwechselnd
betrieben. Einige waren Frankokanadier, andere kamen während
der unruhigen Jahre des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges
nach Montreal. Die meisten waren Hochlandschotten, die noch
ihre herrliche Treue und ihre erbitterten Fehden pflegten
wie in ihrer Heimat; sie waren stolze, empfindsame, manchmal
unbarmherzige Männer, vorwärts getrieben von dem
beständigen Verlangen, herauszufinden, was hinter der
nächsten Biegung des Flusses lag, sowohl bildlich gemeint,
als auch buchstäblich.
Als 1779 in Montreal die erste NWC Partnerschaft gegründet
wurde, war der Pelzhandel Nordamerikas Hauptindustrie und
das einzige wichtigere Geschäft der britischen Kolonie
in Quebec; bis auf zwei schmale Vorstöße zum
Missouri und zum Unteren Ende des Athabaskasees blieb der
Kontinent jenseits vom Winniepegsee eine unbekannte Wildnis,
deren Ausdehnung man zwar ahnte, aber nicht kannte. In den
frühen Jahren des neunzehnten Jahrhunderts hatte die
NWC jenes Drittel des Kontinents erforscht und erschlossen,
das schließlich als der Nordwesten bekannt wurde.
Die Partner hatten Montreal etabliert, das, wie seine Gegner
klagten, beinahe das ganze heutige Kanada beherrschte, außer
den Provinzen am Meer. Aufgrund der enormen Ausdehnung hatten
die Hersteller in England, den USA und Westindien bereits
starke finanzielle Wurzeln geschlagen. Durch ihre Hauptteilhaber,
die Firma McTavish, Frobisher (später McTavish, McGillivrays
& Co.) und die Londoner Firma McTavish, Fraser &
Co. hatte die NWC den Pelzhandel bis hin nach dem heutigen
Oregon und Britisch-Kolumbia organisiert und darüber
hinaus weiter bis auf die europäischen Märkte,
sowie einige Unternehmungen auf See nach China und sogar
in die Hudson Bay. In den Worten von Stewart Wallace, der
viel dazu beigetragen hat, ihre Geschichte der Vergessenheit
zu entreißen, haben die Männer der NWC "einen
halben Kontinent erobert und ein Handelsimperium errichtet,
wie es wenigstens Nordamerika noch nie erlebt hat."
Fünf Männer stehen in dieser unternehmungslustigen
Gesellschaft weit über ihren Gefährten: Simon
McTavish, der erste Organisator, der zusammen mit seinem
Neffen William McGillivray den Konzern beinahe von Anfang
an beherrschte, sowie Alexander McKenzie, David Thompson
und Simon Fraser. Ihre Geschichte muß neben der Griechischen
Tragödie eingeordnet werden. Sie beschworen ihren eigenen
Untergang herauf, indem sie ihre Konkurrenten zu aktiven
Widerstand reizten: Die Hudson Bay Company.
Die meisten großen Ereignisse werden durch vergleichsweise
geringe und unklare Ursachen ausgelöst; so kann man
sagen, daß die Herrenhutmode zur Gründung der
NWC und damit zur letztendlichen Entdeckung des weiten Nordwestens
führte.
Der historische Hintergrund
Anfänge des Pelzhandels
Nordamerikas Reichtum an Pelztieren löste das europäische
Vordringen in die nördliche Hälfte des Kontinents
aus. Die bei den wohlhabenden Klassen in Europa so beliebte
Pelzmode schuf einen einträglichen Markt für Felle
aller Art. Am wertvollsten war der Biber, dessen weiche,
flaumige Wollhaare das beste Material für die Herstellung
von Herrenfilzhüten war.
Für den Pelzhandel lebenswichtig war der Kontakt mit
den Indianern, die die Tiere wegen ihrer Häute jagten.
Und während die unersättliche Nachfrage nach Biberfilzhüten
und pelzverbrämter Kleidung in Europa den Markt auslöste,
schuf eine ähnliche Nachfrage der nordamerikanischen
Eingeborenen nach europäischer Ware den Antrieb, die
unbearbeiteten Felle zu sammeln.
Pelzhandel in Neufrankreich
Der Kampf um die Kontrolle über Nordamerikas Pelztiergebiete
hängt eng mit einem Großteil der kanadischen
Geschichte zusammen.
Während des siebzehnten Jahrhunderts stießen
die Franzosen von ihrer Kolonie am St. Lawrence Fluß
aus westwärts vor, um die Herrschaft über neue
Gebiete mit reichem Pelzbestand zu erlangen. Schließlich
dehnte sich ihr Gebiet vom St.Lawrence Golf zum Golf von
Mexiko und westlich zu dem Vorgebirge der Rocky Mountains
aus. Erste Hindernisse für den kontinentalen Ehrgeiz
der Franzosen entstanden durch die Holländer, dann
auch durch die britischen Händler, die in Albany am
Hudson River im heutigen Staat New York stationiert waren.
Nach Gründung der Hudson Bay Company im Jahre 1670
entstand weiterer Wettbewerb durch Händler an den Ufern
der Hudson Bay, die ihr Basisgeschäft in London hatten.
Französische Forts am Kaministikwia
Als die Franzosen westwärts vom Lake Superior wanderten,
erhielt der Kaministikwia River strategische Bedeutung als
Verbindung zwischen den großen Seen und dem Nordwesten.
Auf halben Wege durch den Kontinent gelegen, verbindet der
Kaministikwia die Thunder Bay am westlichen Strand des Lake
Superior mit der Landhöhe, die den Atlantik und Hudson
Bay trennt. Nach kurzem Transport führt das System
des Rainy River zum Lake Winnipeg, von dem aus sich der
Saskatchewan River durch die Ebenen zum Athabaskaland und
zu den Rocky Mountains ausbreitet. So war der Zugang zum
Kaministikwia der Schlüssel zum gesamten nordwestlichen
Viertel des nordamerikanischen Kontinents.
Archäologische Ausgrabungen haben gezeigt, daß
die nordamerikanischen Ureinwohner den Kaministikwia schon
ca. 2.000 Jahre vor dem ersten Eintreffen der Europäer
in dieser Gegend genutzt hatten. Die berühmten französischen
Händler und Forscher Radisson und Groseilliers waren
vermutlich die ersten, die die westlichen Ufer von Lake
Superior erreichten, aber das erste feste Gebäude in
dieser Gegend wurde vor drei Jahrhunderten im Jahre 1679
von Daniel Greysolon und Sieur Dulhut (Duluth) an der Mündung
des Kaministikwia erbaut. Fort Camanistigoyan und sein in
der Nähe erbauter Nachfolger, von Zacherie de la Noue
im Jahre 1717 errichtet, dienten den Franzosen als Basis
für ihre Expeditionen ins Inland auf der Suche nach
Pelzen und nach der Nordwestpassage zum Meer im Westen.
Die berühmtesten unter diesen Abenteurern waren Pierre
LaVerendrye und seine Söhne, die den französischen
Pelzhandel an seine Grenzen führten, vielleicht sogar
bis in die Rocky Mountains.
In den 1730er Jahren gaben die Franzosen den Kaministikwia
auf, nachdem sie die kürzere und einfacher zu befahrende
Pidgeon River Route zum Rainy River und dem Westen entdeckt
hatten. Obwohl die Gegend um Fort Caministigoyan weiterhin
von den Franzosen nach Fellen durchkämmt wurde, wurde
nun Grand Portage im heutigen Nordminnesota das neue Depot
für den nordwestlichen Handel.
Die britische Eroberung und der Pelzhandel
Nach der britischen Eroberung Neufrankreichs im Jahre 1760
kamen Händler aus England und dessen amerikanischen
Kolonien nach Kanada und erlangten die Herrschaft über
den französischen Pelzhandel. Bald befand sich Alexander
Henry im großen Verteilungszentrum der Franzosen in
Michilimackinac (Mackinaw) an den Engpässen zwischen
dem Huronsee und dem Michigansee. Es dauerte nicht lange,
bis Händler auch westlich von Lake Superior zum Winniepegsee
vordrangen. in den 70er Jahren erreichten sie den Saskatchewan
River und verdienten Vermögen beim Handel mit den Indianern,
- Indianern, die ihre Pelze bis dahin zur Hudson Bay gebracht
hatten. Die alte Fehde zwischen Montreal und der Hudson
Bay Company ging weiter wie zuvor.
Andererseits gelang es Montreal, sich die alte Konkurrenz
in Albany zumindest zeitweise einzuverleiben. In den 1760er
Jahren gewann Montreal im Handel in den früheren französischen
Territorien zwischen den Alleghenies und dem Mississippi
die Oberhand über Albany. Aber der Erlaß von
Quebec aus dem Jahre 1774 schloß diese Kolonie an
Quebec an und schloß gleichzeitig amerikanische Siedler
aus dieser Gegend aus. Um aus dem Handel auf diesem weitläufigen
Markt Nutzen zu ziehen, zogen viele Händler von Albany
nach Montreal. Aber, während er den Handel von Albany
nach Montreal verlegte, wurde der Erlaß von Quebec
eine der Herausforderungen, die zur amerikanischen Revolution
führten, da er verhinderte, daß sich die amerikanischen
Kolonien der Ostküste sich nach Westen ausbreiten konnten.
Die amerikanische Revolution und der Pelzhandel
Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges
lockten die geschäftlichen Vorteile der Treue zu England
weitere Glücksritter nach Montreal. Aber, trotz dieses
Aufschwungs im kanadischen Handel, wirkte die amerikanische
Revolution am Ende ungünstig für den Pelzhandel
am St.Lawrence. Wie ihre französischen Vorgänger
trieben die anglo-amerikanischen Kaufleute ihren Handel
sowohl im Süd-, als auch im Nordwesten der Großen
Seen. Aber der Friedensschluß von 1783, der die förmliche
Anerkennung der Vereinigten Staaten von Amerika gewährte,
dehnte die Grenze der USA bis westlich vom Mississippi aus.
Diesem folgte zunächst Jay's Vertrag von 1794, mit
dem die Engländer ihre Stützpunkte auf amerikanischem
Boden aufgaben, sodann der Kauf von Louisiana im Jahre 1803,
durch den die USA spanische Territorien westlich des Mississippi
erwarben. Durch dieses beständige Abbröckeln des
südwestlichen Handels konzentrierte Montreal jetzt
seine Hauptenergie auf die stillen abgelegenen Gegenden
des Nordwestens. Gleichzeitig wurde in den USA die Grundlage
für das Entstehen eines Konkurrierenden Pelzhandelsimperiums
geschaffen, das wiederum von Albany aus kontrolliert werden
sollte.
Formen des Montrealer Pelzhandels
Konkurrenz im Norden und Süden
Im frühen neunzehnten Jahrhundert erfuhr der Pelzhandel
in Montreal also die gleiche Art des Wettbewerbs von zwei
Seiten, die er unter den Franzosen erlebt hatte. Im Norden
zogen die Engländer von ihrem Stützpunkt an der
Hudson Bay aus landeinwärts. Im Süden wanderten
die Amerikaner westlich am Missouri entlang. Der beständige
Kampf gegen diesen Widerstand bildet den Hintergrund für
das Schicksal der North West Company und seinem Hauptquartier
im Binnenland, dem Old Fort William.
Mit dem Handel zu den Eingeborenen
Zusammen mit diesen Rivalitäten erbten Montreals Händler
andere Formen des französischen Handels. Wie ihre Vorgänger
trugen auch sie den Handel zu den Eingeborenen auf deren
eigenen Jagdgründen. Sie begannen auch, Verbindungen
mit den Eingeborenen durch Geschenke und Heiraten zu festigen.
Eine Frau "aus dem Land" zu nehmen, wurde für
die Pelzhändler ein akzeptierter Brauch.
Ferner nahmen die Leute aus Montreal das Transportsystem
an, mit dem die Franzosen den Handel landeinwärts gebracht
hatten. Es basierte auf dem indianischen Birkenrindenkanu
und der Paddelkraft des frankokanadischen Voyageurs. Ihre
Route folgte der traditionellen Pelzhandelsstraße:
von Montreal aus dem Ottawa River hinauf, über den
nördlichen Kanal des Huronsees nach Michilimackinac,
dann über den Lake Superior nach Grand Portage, demVerschiffungshafen
und Lager für den Nordwesten.
Die Organisation des Handels
Auch hierin entstanden gewisse Ähnlichkeiten zwischen
Engländern und Franzosen. Die schlichten Notwendigkeiten
beim Planen des Handels mit den Eingeborenen oder beim Bestellen
und Transportieren von Waren und Vorräten und beim
Verkauf der Pelze führten zu einer Arbeitsteilung durch
die Bildung von Partnerschaften zwischen Händlern im
Inland und Kaufleuten in Montreal. In den Kindertagen der
britischen Oberherrschaft lag der Hauptunterschied zum französischen
System in der Anzahl der Konkurrenzunternehmen außerhalb
Montreals. Heftiger, manchmal gewaltsamer Wettbewerb unter
diesen verschiedenen Interessen entstand durch zunehmende
Opposition gegen die "Krämer" aus Montreal
durch die Hudson Bay Company. Um dem Ruin zu entgehen, mußten
die Leute aus Montreal ihre Streitereien untereinander einstellen,
um ihre Kräfte nicht zu vergeuden. Aus diesen zunächst
formlosen Einigungen entstanden eine Anzahl Vereinigungen,
deren mächtigste die North West Company wurde.
Die Anfänge der North West Company
Nachdem die NWC zunächst nur aus losen Zusammenschlüssen
von Händlern bereits vor 1780 entstand, kam es erst
im Winter 1783/84 zu einem festen Vertrag unter diesem Namen.
Anders als die HBC, erhielt die NWC nie eine Verfassungsurkunde,
sondern handelte statt dessen durch eine Reihe von Übereinkommen
zwischen Händlern in Montreal und im Inland. Durch
das Übereinkommen von 1804 übernahm die NWC ihren
letzten ernsthaften Gegner, die XY oder New NWC. Von da
an bis zu ihrem eigenen Aufgehen in der Hudson Bay Company
im Jahre 1821, besaß die NWC buchstäblich das
Monopol über den gesamten Handel, der von Montreal
aus nach Nordwesten gerichtet wurde.
Die Antriebskraft hinter den frühen Triumphen der NWC
war der im schottischen Hochland geborene Händler aus
Albany, Simon McTavish. Bald erhielt die NWC eine hauptsächlich
schottische Färbung, da McTavish und seine Partner
ihre Clans ins Geschäft holten.
Unter den jungen Schotten, die "Möglichkeiten"
im Pelzhandel suchten, befanden sich Simons Neffen, William,
Duncan und Simon McGillivray aus Ivernesshire. William war
der erste nichtfranzösische festangestellte Händler
oder Buchführer im Innern der Firma; später wurde
er Nachfolger seines Onkels als Vorsitzender der Firma.
Von Grand Portage nach Fort William
Bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts benutzte die NWC
die alte französische Route nach Westen durch Grand
Portage und den Pidgeon River. Grand Portage wuchs zu einem
Hauptdepot für die Verschiffung von Gütern und
Pelzen heran und wurde der Treffpunkt für die Händler
aus Montreal und ihre im Inland überwinternden Handelspartner.
Der Friedensschluß von 1783, der den amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg beendete, machte den Pidgeon River
zur Grenze zwischen den USA und Britisch-Nordamerika. Obwohl
sich Grand Portage nun auf amerikanischen Boden befand,
blieb es für den Montrealer Pelzhandel das Depot am
Lake Superior, und zwar noch zwanzig Jahre lang. Erst 1800,
als ein Zoll auf alle über den Portage gebrachten britischen
Waren drohte, wurden die Händler gezwungen, ihre Tätigkeit
auf britischen Boden zu verlegen.
Im Jahre 1801 waren die Rivalen NWC und New NWC (die XY
Company) damit beschäftigt, getrennte Niederlassungen
am nördlichen Ufer des Kaministikwia River zu errichten,
nicht weit von der Stelle, an der sich die alten französischen
Forts befunden hatten.
1803 hielt die NWC ihre erste Jahreshauptversammlung im
neuen Fort ab, das den Namen "Kaminitiquia" erhielt.
Im Anschluß an das Übereinkommen zum Zusammenschluß
wurde das Gebiet "Kaminitiquia" (so wurde der
Name in Dokumenten jener Zeit noch buchstabiert) so weit
ausgedehnt, daß es auch den kurzlebigen XY-Handelsposten
umschloß. Im Jahre 1807 wurde das inländische
Hauptquartier der NWC zu Ehren des Hauptoberaufsehers der
Gesellschaft, William McGillivray, in Fort William umbenannt.
Fort William: Ort der Jahresversammlungen
Als das Zentrum des großen Handelsnetzes der NWC beherbergte
Fort William die jährliche Versammlung, das Zusammentreffen
von wohl zweitausend Menschen aus dem gesamten Kontinent.
Ein solcher Treffpunkt war notwendig, da es für Kanus
unmöglich war, innerhalb der frostfreien Zeit die ganze
Runde zwischen Montreal und den weitverstreuten Posten der
NWC zu bewältigen. Ein kunstvolles Transportsystem
ermöglichte es, daß jedes Frühjahr Kanus
mit Handelsware von Montreal aus aufbrechen konnten, um
ihre Ladung mit pelzbeladenen Kanus aus dem Norden und dem
Westen auszutauschen. Da die Inlandflüsse und Seen
kleinere Kanus forderten als die Großen Seen und das
System des Ottawa River, lag der logische Treffpunkt an
der Stelle, an der die Boote von Osten und Westen zusammentrafen.
Nach dem Verlust von Grand Portage lag dieser Punkt am Zusammenfluß
des Kaministikwia River mit Lake Superior, dem Standort
von Fort William.
Die Funktion Fort Williams
Fort Williams zahlreiche Funktionen bei den Unternehmungen
der NWC waren wie folgt:
- Treffpunkt für das Jahrestreffen der Direktoren und
Partner
- Inlandbüro der Gesellschaft
- Lagerhaus für Handelsgüter, Vorräte und
Pelze
- Versandstützpunkt zwischen Lake Superior und den
Binnenwasserwegen
- Wartungsstelle zur Herstellung und Reparatur verschiedener
Handelsgegenstände und der verschiedenen Behälter
zum Kochen, Lagern und Verschiffen
- Zentrum für den Bau und die Reparatur der Transportfahrzeuge
für den Pelzhandel, nämlich Schoner, Bateaux und
Kanus
- landwirtschaftlicher Stützpunkt zur Versorgung der
Angestellten der NWC
- Quartiere zur Unterbringung, Verpflegung und Ausrüstung
der Angestellten
- Mittelpunkt für die Zusammenkünfte und Festlichkeiten
- Handelsposten für den Handel mit ortsansässigen
Indianern
- Handelszentrum für das Fort Williams Department,
das die Gegend um Lake Superior und den Westen bis nach
Lac la Pluie (Rainy Lake) umschloß.
Die Pelzhändlergesellschaft in Fort
William
In jedem Sommer gab das Jahrestreffen einen Überblick
über die vielfältigen zusammenwirkenden Beziehungen
der unterschiedlichen Leute, um die sich der Pelzhandel
drehte: die Schotten, die Frankokanadier, und hauptsächlich
die Indianer. Diese drei Gruppen spiegelten in etwa die
drei sozialen Hauptgruppen innerhalb des Pelzhandels wider:
die Kaufleute und Händler, die Voyageure und Arbeiter
und die Jäger und Fallensteller. Diese Einteilung ist
jedoch nicht exakt. Einige Schotten waren Arbeiter, einige
Eingeborene waren Voyageure, einige Frankokanadier waren
Händler. Viele andere Nationalitäten und Rassen
waren gleichfalls im Pelzhandel vertreten, wenn auch begrenzt.
Die Kaufleute oder Managerklasse
Die Managerklasse wurde hauptsächlich aus Schotten
gebildet und war in drei Hauptgruppen unterteilt. Die Agenten
aus Montreal besaßen die Oberaufsicht über die
Firma und arrangierten den Import und Transport von Handelsgütern
und den Verkauf der Pelze. Die überwinternden Partner
beherrschten die Departements im Inland, und die Buchhalter
führten die Bücher und organisierten die kleineren
Posten. Jeden Sommer versammelten sich diese Händler
in Fort William. (Bourgeois (Bürger), wie sie von den
Franzosen genannt wurden) Dort taxierten sie die Jahresausbeute
an Pelzen, stellten die Waren für den Handel des nächsten
Jahres zusammen und machten Pläne für die Zukunft.
Die Engagés oder Arbeiter
Die von der NWC angestellten Frankokanadier führten
die meisten für den Pelzhandel nötigen Arbeiten
aus. Sie waren die Engagés, so genannt nach dem Vertrag
oder Engagement, den jeder von ihnen mit der NWC abgeschlossen
hatte. (Die Ausnahmen sollten beachtet werden. Nicht alle
Frankokanadier im Pelzhandel waren Engagés, einige
wurden auch Buchhalter und ein paar wenige Partner. Umgekehrt
waren nicht alle Engagés Frankokanadier, eine kleine
Anzahl waren auch Briten, Indianer oder andere Nationalitäten.)
Die große Mehrzahl der Engagés waren Voyageure,
die Arbeitskräfte, die die Kanus paddelten und die
Waren und Pelze über zahllose Tragestellen zwischen
den Wasserwegen schleppten. Im Montrealkanu fuhren 8-10
Männer, die "mangeurs de lard" (Speckfresser)
genannt wurden und für die Fahrt Montreal - Fort William
und zurück angeheuert wurden. Die Nordkanus trugen
5-6 Männer, die man "hivernants" (Überwinterer)
oder "hommes du nord" (Nordmänner) nannte
und die die Kanus von den Außenposten der NWC nach
Fort William und zurück brachten. Außer den Führern
der Kanubrigaden schliefen die meisten Voyageure außerhalb
der Palisade des Forts. Dennoch waren sie durch ihre Tätigkeiten
bei der Arbeit und im gesellschaftlichen Spiel ein integrierter
Teil des Jahrestreffens.
Die in Fort William verbleibenden Engagés wurden
als fähige Händler und gewöhnliche Arbeiter
angeheuert, obwohl viele von ihnen während der Fahrt
zum Fort als Voyageure hatten agieren müssen. Diese
Arbeiter, in der Hauptsache Frankokanadier, erledigten Aufgaben
wie Fischen, Jagen, Landwirtschaft, Bauen und Erhalten des
Forts, Herstellung und Reparatur von Handelsgegenständen,
sowie Bau und Reparatur von Kanus und Segelschiffen.
Die Indianer
Ohne die eingeborenen Völker wäre der Pelzhandel
nicht möglich gewesen, da sie die Technik des Baues
von Birkenrindenkanus, der Herstellung von Mokassins und
Schneeschuhen ebenso lieferten wie ihre eigenen Fähigkeiten
beim Fallenstellen, Fischen, Jagen, Ernten und Führen.
Es war jedoch die europäische Technologie, die den
Indianer dazu bewegte, seine Arbeit beizusteuern. Die große
Anziehungskraft, die europäische Waren auf den Eingeborenen
ausübten, spiegelte sich in der großen Vielfalt
der in Fort William gelagerten, zum Versand ins Binnenland
bestimmten Handelsgüter.
Obwohl der Handel mit Indianern an Ort und Stelle im Vergleich
zu dem in den Außenposten unbedeutend war, gab es
einen beträchtlichen Anteil von Eingeborenen im Fort.
Der Indianerladen innerhalb des Forts, das Lager außerhalb
der Palisade, die Arbeit der Indianer für die Gesellschaft
und die vielen Heiraten zwischen Indianerinnen und Angestellten
der NWC gemäß "Landessitte", dies alles
bezeugt den wichtigen Anteil der Eingeborenen am Pelzhandel.
Die freien Kanadier und die Métis
Zusätzlich zu diesen Gruppen entstand mit der Zeit
eine neue. Viele Engagés zogen es vor, bei Ablauf
ihrer Verträge nicht in das untere Kanada zurückzukehren.
Sie blieben im Nordwesten und wurden als "freie"
Kanadier bekannt. Durch ihre Heiraten mit Indianerinnen
schufen sie eine wachsende Bevölkerung von Mischlingen.
Diese wurden "Bois-Brûlés" ("verbranntes
Holz", wegen ihrer Hautfarbe) genannt, oder aber Métis.
(Mestizen, spanisch für gemischt) Letzterer Name wird
heute hauptsächlich benutzt.
In Fort William gab es eine Ansiedlung von freien Kanadiern
und Mestizen auf der andern Seite des Flusses, aus der Arbeitskräfte
für Gelegenheitsarbeiten (ohne Vertrag) angeheuert
wurden.
Die Jagd nach der Nordwestpassage
Die Rolle Fort Williams als inländisches Hauptquartier
der NWC deckte sich mit dem Höhepunkt der Gesellschaft
selbst im Handel und in der räumlichen Ausdehnung.
Die großen Forscher dieser Zeit waren Partner der
NWC. Schon 1778 öffnete Peter Pond das Athabascaland
für den Pelzhandel. Aber der Aufwand beim Transport
der Handelsgüter und Pelze mit dem Kanu nach und von
Montreal wurde um so beschwerlicher, je weiter die zu bewältigende
Strecke war.
Die relative Nähe der Hudson Bay machte diese zum logischen
Absatzpunkt für die reiche Beute an Pelzen, die die
Leute der NWC im Athabascaland zusammengetragen hatten.
Da die Bucht jedoch durch die verbrieften Rechte der Hudson
Bay Company versperrt war, begann die NWC mit der Suche
nach einem Weg zum Pazifischen Ozean. Man glaubte, eine
solche Route würde nicht nur kürzer und billiger
als die Fahrt nach Montreal sein, sondern auch die lang
gesuchte Nordwestpassage zum Meer im Westen werden, - auf
dessen anderer Seite der legendäre chinesische Markt
für die Pelze aus Nordamerika liegen sollte.
Forschungsreisen der NWC-Partner
Im Jahre 1789 scheiterte der erste Versuch, eine befahrbare
Route zum Pazifik zu finden, als Alexander Mackenzie auf
seiner ersten Entdeckungsreise den Fluß hinunter,
der jetzt seinen Namen trägt, statt dessen in die Arktis
gelangte. Obwohl Mackenzie i m Jahre 1793 tatsächlich
den Pazifik erreichte, führte diese Route über
weite Landstrecken und war daher für regelmäßigen
Kanuverkehr unbrauchbar. Trotz dieses Versagens war Mackenzies
Leistung bemerkenswert; er war der erste, von dem man weiß,
daß er den Kontinent nördlich von Mexiko durchquert
hat. Nach Veröffentlichung seines Buches, in dem er
seine Reisen beschreibt, wurde er zum Ritter geschlagen.
1808 wurde die Suche fortgesetzt, als Simon Fraser den nach
ihm benannten, wilden und furchterregenden Flußlauf
hinunterfuhr. Wenn es Fraser auch gelang, den Pelzhandel
bis zu den Westhängen der Rockies auszudehnen (das
Caledonia-Department der NWC, Caledonia=Schottland), scheiterte
er doch gleichfalls an dem Versuch, die Ausweichstrecke
zum Meer zu finden.
Es blieb dem Geographen David Thompson überlassen,
einen brauchbaren Weg durch die Berge zu finden, als er
den Columbia River von seiner Quelle bis zum Pazifik verfolgte.
Dies geschah im Jahre 1811. Auf diese Weise fand Thompson
die Nordwestpassage, das ewige Traumziel der kanadischen
Forscher. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang folgten nun
die Brigaden des westlichen Pelzhandels dem von ihm vorgezeichneten
Weg von den Osthängen der Rockies über den Athabasca
Paß und den Columbia hinunter bis zum Pazifik.
Astoria - Fort George
Kurz bevor Thompson den Ozean erreichte, hatte die Pacific
Fur Company des Amerikaners John Jacob Astor an der Mündung
des Columbia das Fort Astoria errichtet. Dadurch nicht eingeschüchtert
sandte die NWC zwei Expeditionen nach Astoria, als der Krieg
von 1812 begann: eine über Land von Fort William aus,
und die andere über das Meer von England aus. Da mit
Verstärkung durch die amerikanische Regierung in der
Kriegszeit nicht zu rechnen war, hatten die Leute von Astoria
keine andere Wahl, als das Fort der NWC zu übergeben.
Astoria wurde zu Fort George, dem Hauptquartier des Columbia
Departments der NWC.
Das Reich der NWC
Mit der Inbesitznahme von Astoria vollendete die NWC ihr
Reich. Ihre Handelsrouten umspannten nicht nur den Kontinent,
sondern die halbe Erdkugel, von London um Kap Hoorn zum
Columbia River, dann nach Hawaii und den chinesischen Märkten.
Ein Hinweis auf die weltweite Ausdehnung der NWC-Beziehungen
war die Gegenwart von Bewohnern der Sandwichinseln (Hawaii)
in Fort William im Jahre 1815.
Jenseits der besiedelten Gebiete Kanadas war der Pelzhandel
in der Wirtschaft vorherrschend, und die NWC beherrschte
den Pelzhandel. In Kanada selbst war der Schiffsverkehr
auf den Großen Seen und der Warentransport mehr oder
weniger in das Handelsimperium der Montrealer Pelzhändler
integriert. In den Worten des Historikers Donald C. Creighton
war die NWC "der erste große, transkontinentale
Konzern der kanadischen Geschichte" geworden.
Der Niedergang
Die Erfolge der NWC lösten selbst ihren Niedergang
aus. Die Kanurouten zogen sich von Montreal aus weiter und
weiter in den Kontinent hinein, und gleichzeitig wurden
die Transportkosten höher und höher. Das Abenteuer
der Entdeckung des Columbia River und der daraus entstehende
Handel mit China zehrte gleichfalls am Kapital der Gesellschaft.
Während dessen verstärkte die Hudson Bay Company
ihren Wettbewerb von ihrem günstigeren Standort in
der Bay aus.
Vielleicht hätte die NWC diese Hindernisse überwinden
können, wenn nicht zwei Ereignisse der kanadischen
Geschichte ihr Ende beschleunigt hätten.
Der Krieg von 1812
Das Transportsystem der NWC östlich von Fort William
erfuhr durch den Krieg von 1812 empfindliche Unterbrechungen.
In Sault St. Marie wurden Bauten der Gesellschaft, darunter
ihre Schleusen und ihre Sägemühle, von der US-Armee
zerstört, ebenso viele ihrer Schiffe auf den Großen
Seen. Waren und Vorräte wurden knapp aufgrund der Einschränkungen
im Handel und aufgrund von Übergriffen im Schiffahrtsverkehr
sowohl auf den Binnengewässern, als auch auf See. Trotz
dieser Rückschläge schienen die Feindseligkeiten
mit einem Sieg der Montrealer Pelzhändler zu enden.
Mit ihrer Hilfe vermochten die Briten die Vorherrschaft
über die großen Seen und den oberen Mississippi
zu sichern. Doch der Vertrag von Ghent, der den Krieg beendete,
sowie die darauf folgenden Grenzverträge erklärten
diese militärischen Eroberungen für nichtig und
beschleunigten so den Niedergang des Pelzhandels.
Lord Selkirk und die Niederlassung am Red
River
Westlich von Fort William entstand eine weitere Spaltung
durch die Gründung der Niederlassung am Red River auf
dem Land, das Lord Selkirk 1811 von der Hudson Bay Company
überlassen wurde. Selkirk, ein schottischer Philanthrop,
der in der HBC zu einiger Macht gelangt war, wollte dort
eine Kolonie für schottische Kleinbauern gründen,
denen man ihr Land weggenommen hatte. Diese Siedlung jedoch
breitete sich über die NWC Nachschubroute aus und behinderte
außerdem die Büffeljagd, die Quelle für
die Vorräte an Pemmican, mit dem die Kanubrigaden versehen
wurden. Für die NWC stellte die Gründung von Assiniboia
(so wurde sie Siedlung genannt) einen Versuch der HBC dar,
die Lebenslinie der NWC zu zerstören und am Ende die
Gesellschaft selbst. Der heftige Widerstand der NWC-Leute
und ihrer Mestizen-Büffeljäger gegen die Siedlung
wurde dadurch verschlimmert, daß der Gouverneur von
Assiniboia eine Handelssperre für den Export von Pemmican
erließ. Die Feindseligkeiten zwischen beiden Parteien
steigerten sich und gipfelten schließlich am 19. Juni
1816 in einem Zusammenstoß zwischen Siedlern und Mestizen,
bei dem 22 Siedler getötet wurden.
Das Unglück brach über Fort William selbst herein.
Als Vergeltung für das Massaker von Seven Oaks nahm
Lord Selkirk mit Hilfe von schweizerischen Söldnern,
die am Red River siedeln sollten, Fort William ein. Die
Partner der Gesellschaft im Fort wurden verhaftet und nach
Montreal geschickt, unter der Anklage von "Verschwörung,
Verrat und Beihilfe zum Mord" vor Gericht gestellt.
In den folgenden zehn Monaten hielten Selkirks Truppen Fort
William besetzt und brachten so den Handel der NWC zum Stillstand.
Diese Geschehnisse und die teure Prozeßführung
führten zum raschen Niedergang der Gesellschaft, der
zum Bankrott führen sollte.
Der Zusammenschluß von 1821
Ihre endgültige Niederlage gegenüber der Hudson
Bay Company erlitt die NWC beim Zusammenschluß der
Gesellschaften im Jahre 1821. William McGillivray klagte:
Nun ist der Pelzhandel für immer für Kanada
verloren! Der Vertrag von Ghent (der den Krieg von 1812
beendete) zerstörte den Handel im Süden - dennoch
hielten die Kapitalbemühungen einiger Personen unter
großen Nachteilen den Handel im Süden noch aufrecht
gegen eine verbriefte Gesellschaft, die ihre Waren für
weniger als die Hälfte der Kosten ins Land brachte,
die wir zu tragen hatten - aber es wäre mehr als Wahnsinn
gewesen, diesen Wettbewerb noch länger aufrechtzuerhalten.
(Archive von Ontario, Strachan-Papiere, William McGillivray
an John Strachan am 26. Juli 1821.)
Dennoch, obwohl die NWC bei der Fusion ihren Namen verloren
hatte, lebte ihr Erbe in der "Bay" fort, die nun
durch die Einführung von NWC-Leuten (Nordwestern) und
ihrer Methodik neu belebt wurde. Auch in einem viel weiteren
Sinn lebte das Erbe der NWC fort. Nach Einschätzung
des großen kanadischen Volkswirtschaftlers Harold
A. Innis hatte die Gesellschaft das Fundament für den
zukünftigen Staat Kanada geschaffen.
Der Posten der Hudson Bay Company in Fort
William
Nach der Fusion diente Fort William nicht mehr als Brücke
zwischen Osten und Westen. Pelze und Waren wurden nun durch
die Bucht geleitet, und in Wahrheit wurde die Verbindung
der Gegend mit dem östlichen Kanada beinahe verschlechtert.
Als Posten der HBC verlor das Fort an Wichtigkeit und wurde
1881 schließlich geschlossen, zwei Jahre, bevor das
erste Korn aus dem Westen auf dem Schienenwege ankam. 1902
wurde das letzte Gebäude des Forts, der Steinerne Laden
der NWC, eingeebnet, um Platz für den Frachthof der
Kanadisch-Pazifischen Eisenbahn zu schaffen.
Die Zeit zwischen 1821 und 1881 in Fort William ist wichtig
als Verbindung zwischen den Nordwestern und dem neuen Industriezeitalter,
als der Treffpunkt der NWC erneut ein Versandausgangspunkt
zwischen Osten und Westen wurde. Der Hauptunterschied lag
in der Technologie, Kornaufzüge und Frachtschuppen
nahmen den Platz von Birkenrindenkanus, Bateaux und Schonern
der vergangenen Zeit ein.
Anhang
Voyageur-Kleidung
Der franko-kanadische Voyageur war für seine malerische
Kleidung bekannt. Der Pelzhandel als Verschmelzung eingeborener,
franko-kanadischer und britischer Einflüsse verlieh
seinem Äußeren entschiedene Eigenheiten. Die
von den Darstellern des Voyageurlebens im alten Fort William
getragenen heutigen Kostümentwürfe wurden von
zeitgenössischen Dokumenten über den Pelzhandel
und Illustrationen zum Leben im damaligen Quebec und im
kanadischen Nordwesten abgeleitet.
Der traditionelle Voyageur trug ein buntes Hemd, Stoff-
oder Hirschhauthosen und Mokassins oder rindslederne Schuhe.
Oft band er zum Schutz gegen Sonne und Fliegen ein Tuch
um seinen Hals. Über sein Hemd zog er eine Jacke oder
Weste. Im Winter bestand sein Oberkleid aus der Kapote,
einer mantelartigen, mit einer Kapuze versehenen Decke,
die von den Frankokanadiern und Pelzhändlern getragen
wurde. Um die Taille trug er die ceinture flechée
(pfeilmusterartig verzierter Gürtel), eine farbige,
handgewebte Schärpe; um seine Waden band er oft Strumpfbänder
mit ähnlichem Muster.
Je nach der Länge seines Dienstes und nach seiner Stellung
in der Hierarchie der Kanubrigade konnten andere Verfeinerungen
hinzugefügt sein. Die Anführer der Kanubrigaden
trugen oft einen Zylinder aus Biberfilz; diejenigen, die
im Hinterland überwinterten, verzierten ihre Zylinder
mit Straußenfedern. Als Kopfbedeckungen für Voyageure
wurden ferner blaue oder rote runde Hüte, weitkrempige
Hüte oder Kopftücher verwendet.
Man sollte noch beachten, daß in der von Fort William
dargestellten Zeit (1803 - 1821) das glattrasierte Äußere
in Nordamerika vorherrschte. Gemälde der Zeit zeigen
die Voyageure bartlos, das Haar in verschiedenen Längen
getragen. Zwar werden sie auf Reisen unrasiert gewesen sein,
aber bevor sie in Fort William oder einem anderen Posten
ankamen, putzten sie sich heraus, so prachtvoll sie nur
konnten. Die von den Pelzhändlern geführten Tagebücher
beschreiben die Voyageure ohne Unterschied als Dandies von
ausgefallenstem Geschmack.
Das Capote
Der mit einer Kapuze versehene große Mantel, das Capote
oder Capot, wurde aus einer Wolldecke oder Wolldeckenmaterial
gefertigt oder aus Moltonstoff. Die Frankokanadier trugen
meist solche aus Kammgarn. Ein Inventar Fort Williams von
1816 führt mehrere Arten von Capots auf: Molton, geschnürtes
Molton, grauer oder weißer Stoff, grüner Irokesenstoff,
blauer Irokesenstoff, blauer gewebter Stoff, Illinois oder
Wolldecken.
Das Hemd
Der Zuschnitt der in Old Fort William gezeigten Hemden basiert
auf den Hemden der Voyageure auf alten Gemälden. Der
Ärmelschnitt und die weite Paßform erlauben freie
Armbewegungen. Der Kragen ist typisch für die Arbeitskleidung
des frühen 19. Jahrhunderts und wurde sowohl zugeknöpft
als auch offen getragen. Das historische Material war Baumwolle
aller Arten, vor allem Kattun in hellen Farben, oft gestreift
oder mit einem zarten Muster bedruckt. Auch Flannell wurde
verwendet, ein lose gewebter Wollstoff, meist bunt oder
kariert.
Die Hosen
Die Überwinterer trugen oft Hosen aus gegerbtem Leder,
das sie aus den Häuten der in der Gegend erjagten Tiere
fertigten. Die Knappheit des Großwildes um Fort William
und das Diktat der Mode machte jedoch importierte Stoffe
zum Hauptmaterial für Hosen. Inventare zeigen eine
große Auswahl an Stoffhosen aus Materialien wie Russia
Duck (russische Ente, ein starkes, ungeköpertes segeltuchartiges
Leinen), Kord, grauer, blauer oder olivfarbener grober Wollstoff,
oder auch zwillichartiger, gestreifter Baumwollstoff.
Einige historische Zitate
David Tompson, 1786:
Die Männer waren alle Frankokanadieer mit langen
roten oder blauen Mützen, die zur Hälfte vom Kopf
herunterhingen; sie trugen graue Capots oder Deckenmäntel,
die sie um ihre Mitte gürteten; ihre Hosen waren aus
grauem Stoff oder Garleder, ihre Schuhe ebenso.
Ross Cox, 1817:
Die Kleidung des Voyageurs besteht gewöhnlich aus
einer Decke mit Leder- oder Stoffhosen, Mokassins, einem
gestreiften Baumwollhemd und einem Hut oder einer Pelzmütze.
Sie belasten sich selten mit einer Weste; im Sommer tragen
sie den Hals gewöhnlich frei. Sie tragen Gürtel
aus abgestuften Kammgarn, an die sie ihre Messer, Tabaksbeutel
etc. hängen.
J. J. Bigsby, 1820:
Alle gebürtigen Kanadier der Arbeiterklasse tragen
grobe, graue Kleidung ihrer eigenen Herstellung und im Winter
den warmen, mit einer Kapuze versehenen Capote von der selben
Farbe, den sie mit einem Kammgarngürtel um ihren Körper
binden.
|